Johanna Völkel ist Gebietsbetreuerin am Landratsamt Miesbach in Oberbayern
Johanna Völkel

In unserer Serie „Berufe im Outdoor- und Natur-Kontext“ stellen wir jede Woche ein Berufsbild vor, das sich rund um Natur, Umwelt und Arbeit im Freien dreht. Heute gehen wir noch einen Schritt weiter: Wir haben für dich eine Person interviewt, die diesen Beruf nicht nur kennt, sondern tagtäglich ausübt. Johanna Völkel ist Gebietsbetreuerin am Landratsamt Miesbach in Oberbayern – ihr Arbeitsplatz ist das Mangfallgebirge, ihr Aufgabenfeld reicht von Artenschutz über Umweltbildung bis zur Vermittlung zwischen verschiedensten Interessensgruppen. Ein Beruf mit Verantwortung, Abwechslung und jeder Menge Naturkontakt.

Zwischen Schutz und Nutzung: Ein Spagat mit Verantwortung

Der Arbeitsalltag von Johanna Völkel ist geprägt von Gegensätzen – und genau das macht ihn für sie so spannend. „Die Tätigkeit als Gebietsbetreuerin ist wahnsinnig abwechslungsreich“, erklärt sie. Diese Vielseitigkeit ergibt sich durch die thematische Breite ihres Zuständigkeitsbereichs und die ständige Abwechslung zwischen Arbeit im Gelände und am Schreibtisch. Ihr zentrales Ziel: den ökologisch wertvollen Naturraum des Mangfallgebirges zu bewahren und gleichzeitig mit der hohen Freizeitnutzung in Einklang zu bringen.

Im Mittelpunkt ihrer Aufgaben stehen vier große Themenbereiche: Besucherlenkung, Landschaftspflege, Monitoring seltener Tier- und Pflanzenarten sowie Umweltbildung. Dabei folgt ihre Arbeit dem Rhythmus der Natur: Im Winter liegt der Fokus auf dem Schutz störungsempfindlicher Arten wie dem Raufußhuhn. Im Sommer stehen Umweltbildungsangebote, Monitoring weiterer Arten und die Vorbereitung von Schwendaktionen auf den Almen an – also gezielte Pflegeeinsätze zur Offenhaltung der Kulturlandschaft. Die Bandbreite ihrer Aufgaben ist ebenso groß wie die Herausforderungen, die sich daraus ergeben.

„Betreuung“ heißt vor allem Vermittlung

Was genau bedeutet eigentlich Gebietsbetreuung? Für Johanna Völkel ist klar: Es geht nicht nur um den Schutz der Natur, sondern vor allem auch um Vermittlung zwischen Interessen. „Zur Betreuung gehört es meiner Meinung nach, beide Seiten – also die besonderen Arten und Naturräume einerseits und die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer andererseits – zu kennen, wahrzunehmen und einen möglichst guten Ausgleich zu finden.“ Das bedeutet viel Präsenz im Gelände, aber auch intensiven Austausch mit allen Beteiligten: von Touristen über Landwirte bis hin zu Forstbehörden und Umweltverbänden.

Dabei hilft es, wenn man gut zuhören kann – und bereit ist, Kompromisse zu finden. „Man muss sich in alle Interessen hineinfühlen und gleichzeitig den Überblick behalten, um sachlich Lösungen zu entwickeln“, sagt sie. Diese Lösungen sind selten dauerhaft, sondern müssen immer wieder überprüft und angepasst werden. Flexibilität und Kommunikationsstärke sind daher Schlüsselqualifikationen.


Florian Bossert und Johanna Völkel

Netzwerk, Natur und jede Menge Abstimmung

Ein weiteres zentrales Element ihrer Arbeit ist die Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Akteuren: Bergsport- und Naturschutzverbände wie der Deutsche Alpenverein (DAV), der BUND Naturschutz oder der Landesbund für Vogelschutz (LBV) zählen ebenso dazu wie Forstbehörden, Almbauern, Tourismusverbände, Hochschulen, Bergwachten und viele mehr. „Die Liste ist lang“, sagt Völkel – und das sei auch gut so, denn gute Naturschutzarbeit funktioniere nur im Zusammenspiel.

Dabei ist sie ungefähr zur Hälfte draußen im Gelände unterwegs und zur Hälfte im Büro tätig – wobei das Wetter hier oft das letzte Wort hat. „Manches lässt sich einfach nicht planen, vor allem nicht im alpinen Gelände“, erklärt sie. Improvisationstalent ist daher ebenso gefragt wie ein robuster Umgang mit unerwarteten Situationen.

Voraussetzungen für den Einstieg: Fachwissen trifft Outdoor-Erfahrung

Für den Einstieg in die Gebietsbetreuung ist ein naturbezogener Studiengang Voraussetzung. Johanna Völkel hat Geographie studiert (Bachelor und Master), anschließend eine Ausbildung zur Natur- und Landschaftspflegerin absolviert und als Rangerin in einem Naturpark gearbeitet. Sie betont: Quereinstiege sind möglich, aber nicht einfach. Wer in diesem Beruf Fuß fassen will, sollte fundiertes Fachwissen mitbringen, Freude an selbstständigem Arbeiten haben und sich sicher im alpinen Raum bewegen können – zu Fuß, mit dem Auto oder auf Ski.

Dazu kommen persönliche Eigenschaften wie Geduld, Kommunikationsfähigkeit, Projektkompetenz und eine große Portion Naturverbundenheit. Auch Erfahrungen aus Hobbys können hilfreich sein – bei Völkel war es etwa die ehrenamtliche Tätigkeit bei der Bergwacht, die ihr viele wertvolle Fähigkeiten mitgegeben hat.

Herausforderungen: Zwischen Emotion und Pragmatismus

Die größte Herausforderung in ihrem Beruf sieht Johanna Völkel in der Vermittlung zwischen den verschiedenen Interessen – insbesondere, wenn diese stark emotional aufgeladen sind. „Diskussionen werden oft sehr emotional geführt, das gehört dazu und ist wichtig. Man muss aber immer wieder auf eine sachliche Ebene zurückfinden.“ Gleichzeitig braucht es viel Ausdauer, denn tragfähige Lösungen entwickeln sich selten schnell und nie ohne Reibung.

Auch organisatorische Hürden wie unvorhersehbares Wetter oder schwieriges Gelände fordern sie immer wieder heraus. Doch trotz aller Schwierigkeiten überwiegen für sie die positiven Erlebnisse: „Es sind nicht die großen Ereignisse, sondern die Summe vieler schöner, kleiner Momente, die diesen Beruf besonders machen.“ Ob bei einer gemeinsamen Aktion mit Freiwilligen oder einem erfolgreichen Runden Tisch – es ist der gemeinsame Einsatz für die Natur, der sie motiviert.

Organisatorischer Rahmen und Perspektiven

Johanna Völkels Stelle ist beim Landratsamt Miesbach angesiedelt und wird vom Bayerischen Naturschutzfonds gefördert. Auch wenn sie dort ihr Büro hat, gehört sie nicht zur Unteren Naturschutzbehörde – ein wichtiger Punkt, denn sie agiert als unabhängige Schnittstelle und Vermittlerin, auch zwischen Behörde und Öffentlichkeit.

Klassische Aufstiegsmöglichkeiten gibt es in der Gebietsbetreuung nicht – dafür aber jede Menge Möglichkeiten zur fachlichen Weiterentwicklung. „Ich kann in meinem Beruf noch so viel dazulernen, dass es sicher nicht langweilig wird.“ Die Bezahlung erfolgt nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes.

Fazit: Ein Beruf für Menschen mit Haltung, Herz und Naturbezug

Was treibt sie an? „In einem so reizvollen Naturraum zu arbeiten und mit spannenden Menschen gemeinsam etwas zu bewegen“, sagt Johanna Völkel. Wer sich für die Gebietsbetreuung interessiert, sollte neben einem geeigneten fachlichen Hintergrund auch Durchhaltevermögen, Begeisterung für den Naturschutz und eine gute Portion Idealismus mitbringen. Die Stellen sind rar, der Weg dorthin oft nicht geradlinig – aber für Menschen mit echtem Naturbezug kann es der ideale Beruf sein.

Mit ihrem Engagement, ihrem Fachwissen und ihrer Empathie zeigt Johanna Völkel eindrucksvoll, wie wichtig die Rolle von Gebietsbetreuern in unserer Zeit ist – gerade dort, wo Naturerlebnis und Schutzbedürfnis aufeinandertreffen.